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Denkmäler ohne Helden

Erinnerungskultur im Spannungsfeld von Kriegsgedenken und Desertion
Richter, Peter; Haase, Norbert
2019, 224 Seiten
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978-3-95853-503-9
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Presse / Leserstimmen

In den 1980er Jahren ist in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Auseinandersetzung der Friedensbewegung mit der überkommenen Erinnerungskultur in Bezug auf Kriege ein neuer Typus von Denkmälern entstanden: Erinnerungsorte für Deserteure. In Ostdeutschland sind vereinzelte derartige Denkmäler für „kriegsmüde Soldaten” bereits unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg gesetzt worden.

Dieses Buch stellt zusammenfassend den widerspruchsvollen Diskurs über Desertion bis hin zur Rehabilitierung von Wehrmachtsdeserteuren im Jahre 2002 dar. Es werden mehr als 41 Denkmäler und Gedenkorte für Deserteure mit ihrer widerspruchsvollen Entstehungs- und Wirkungsgeschichte dokumentiert. In die Darstellung werden auch Tötungsorte von Deserteuren einbezogen, die heute vielfach Gedenkorte sind.

Die hier behandelten Erinnerungsorte werden nicht als Heldendenkmäler verstanden. Gleichwohl gibt es Schicksale unter den Persönlichkeiten der gewürdigten Männer, deren Verhalten heroische Züge trägt in ihrer Distanzierung von einem verbrecherischen Krieg. Der Titel des Buches verweist auf diese Paradoxie.

Prof. Dr. Peter 
Richter
Peter Richter, geboren 1943 in Bischofwerda (Oberlausitz), studierte Psychologie an der Technischen Universität Dresden. Nach Tätigkeit im Gesundheitswesen arbeite er auf dem Gebiet der Arbeits- und Organisationspsychologie zu Themen der Arbeitsgestaltung und der Stressforschung. Nach der politischen Revolution in der DDR wurde er in diesem Fach Professor und 2007 emeritiert. Militärgeschichte begleitete sein ganzes Leben als Interessengebiet.
Dr. Norbert 
Haase
Norbert Haase, geboren 1960 in Köln, Studium der Neueren und Mittelalterlichen Geschichte und Medienwissenschaften an der Technischen Universität Berlin. Langjährige Praxis in der Gedenkkultur in Deutschland vor und nach der Wiedervereinigung: Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin (1987–1994), Stiftung Sächsische Gedenkstätten – Leitung (1995–2008). Seit 2008 Kulturreferent in der Staatsverwaltung Sachsens. Forschungen zu Widerstands- und Repressionsgeschichte.
Das sagen die anderen:

Neues Archiv für sächsische Geschichte 91 (2020): Rezensionen

Industrieansiedlungen noch zu nennenswerten Investitionen des NS-Staats. Ebenso schlugen die Nachteile der peripheren Lage durch. Noch 1945 wurde die Stadt durch einen verheerenden Bombenangriff verwüstet, der wiederum Raum schuf für einen Wiederaufbau in sozialistischer Manier. Eine weitere zentrale Fragestellung Friedreichs ist, wieweit die Milieus den offiziellen Status als „Großstadt“ mittrugen. Zum einen standen viele Angehörige des Bürgertums und wohl auch der Arbeiterschaft (deren Positionierung wird allerdings ausgespart) hinter dem Leitbild der Großstadtwerdung, soweit darunter ein Imagegewinn
nach außen sowie eine moderne Infrastruktur zu verstehen war. Zum anderen wird deutlich, dass sich viele Einwohner gar nicht nach einer Großstadt sehnten, die vielfältig negativ konnotiert war – mit Lärm, Unfrieden, Unüberschaubarkeit. Hier fragt man sich, ob das Ausmaß an Großstadtfeindschaft in Plauen wirklich ausgeprägter war als in anderen Mittelstädten. Die starke Politisierung nach rechts machte gerade vor den Denkmalen nicht halt. Das zeigte sich, als der die engere Heimat repräsentierende Kemmler-Turm 1902 geschleift und durch ein klobiges Bismarck-Denkmal ersetzt wurde. Der Autor arbeitet heraus, welche sozialen und ideologischen Gruppen sich bei der Erinnerungspolitik jeweils einbrachten. Beim Denkmal des Infanterieregiments 134 (1922) „kam es zu Massendemonstrationen der Linksparteien […]. Der Konflikt um die Denkmäler als symbolische Zeichen spiegelte die Stimmung wider, die von gegenseitigem Hass und Misstrauen geprägt war“ (S. 280). Der dezidiert funktionalistisch gestaltete Bau einer Synagoge 1929/1930 wurde in der Öffentlichkeit „zwiespältig“ akzeptiert (S. 306). Plauen könnte heute eine bemerkenswerte Architektur aufweisen, wenn dieser Synagogenbau nicht schon 1938 von den Nationalsozialisten zerstört worden wäre. Wir haben es demnach mit einer Studie zu tun, die politische Spannungen und Lagerbildungen herausarbeitet, die intensiv Fraktionen und Aktionen nachgeht sowie reichhaltige und präzise Informationen über soziale und kulturelle Milieus erschließt. Darüber hinaus verfolgt Friedreich weitere Fragestellungen, etwa die, wie die erfolgreiche Etablierung eines regulären Stadttheaters 1902 erklärt werden kann: Eben dadurch, dass sich verschiedene gesellschaftliche Gruppen an der Finanzierung des Theaters beteiligten und dem die Zuschüsse bewilligenden Stadtparlament klar war, dass man als künftige Großstadt auf ein reguläres Theater nicht werde verzichten können. Insgesamt zeigt der Autor auf, wohin es führen kann, wenn die integrativen Kräfte einer Stadtgesellschaft angesichts wirtschaftlicher Notlagen und politischer Polarisierung nicht ausreichen. Er arbeitet aber auch die beachtliche kulturelle Binnendifferenzierung der Stadt heraus – eine sehr beträchtliche Forschungsleistung.

Saarbrücken, Clemens Zimmermann


Neues Archiv für sächsische Geschichte 91 (2020): Rezensionen

Die Systemtransformationen des 20. Jahrhunderts haben in Deutschland in jeweils unterschiedlich ausgeprägter Weise Wandlungen der Erinnerungskultur nach sich gezogen, die sich nicht zuletzt in der Denkmallandschaft niederschlugen. Vor allem das Gedenken an Kriege, Kriegsteilnehmer, Kriegsverbrechen und Kriegsfolgen bestimmt bis heute weite Teile der öffentlichen Repräsentation von Erinnerung und ist ein besonders sensibler Indikator für sich wandelnde gesellschaftliche Kontexte. So gehören Konflikte um Darstellungen und Interpretationen heute ebenso zum Diskurs wie der Versuch, mit den Monumenten ethische Fragen zu verhandeln. Dies wird besonders deutlich im Falle der Denkmäler für Deserteure, denen sich die vorliegende Publikation widmet. In einer sowohl historisch wie psychologisch informierten Analyse verfolgen die Autoren dabei das Ziel, die Desertion als Praxis zu beschreiben und ihre Repräsentation im Denkmal, vorwiegend im deutschsprachigen Raum, zu beleuchten. Sie bauen dabei auf dem in den letzten Jahren wachsenden Interesse am Thema auf, wie es etwa durch die umfangreiche Dissertation von MARCO DRÄGER (Deserteur-Denkmäler in der Geschichtskultur der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt/Main u. a. 2017) artikuliert wurde. Der besprochene Band ist in sieben Kapitel gegliedert. Auf einen kurzen Abriss der Geschichte der Kriegs- und Gefallenendenkmäler bis in die Gegenwart (S. 17-30) folgen – etwas unvermittelt – ein gleichfalls kurzer Abschnitt über die Desertion als Straftatbestand (S. 31-42), Ausführungen über „Ursachen und Motive der Desertion“ (S. 43-60) sowie ein Exkurs über posttraumatische Stresserkrankungen als Faktor (S. 61-75). Die hierbei entworfene Skizze der deutschen Deserteure des Zweiten Weltkriegs verdeutlicht, dass die Motivlage sehr heterogen war, die Desertion aber in den meisten Fällen kaum als bewusste Widerstandshandlung oder Resultat pazifistischer Gesinnung zu verstehen ist. Das fünfte Kapitel stellt mit der Dokumentation von Deserteurs-Denkmälern in Deutschland und Österreich den Kern des Bandes dar, wobei etwa 40 Beispiele vorgestellt werden – keine flächendeckende Erfassung, aber doch eine weit ausgreifende Bilanzierung des Phänomens (S. 77-167). Die Autoren verfolgen dabei in grober chronologischer Ordnung die Entstehung von Deserteur- Denkmälern seit dem 19. Jahrhundert (ob es sinnvoll ist, die Denkmäler für Karl Stülpner und Johann Gottfried Seume als „Deserteur-Denkmäler“ einzuordnen, sei freilich dahingestellt). Insbesondere der Konflikt um die Deutung der Desertionen unter den Bedingungen des verbrecherischen Vernichtungskriegs 1939 bis 1945 wird an vielen Beispielen eindrucksvoll vor Augen geführt – Deserteur-Denkmäler waren immer „eine Form von Gegen-Denkmälern“ (S. 77) mit einem „post-heroischen Zweck“ (S. 113) und dementsprechend umstritten. Wo die Gegner in der Desertion eine Untergrabung der soldatischen Moral sahen und die individuelle Motivlage herunterspielten, entstanden im Kontext der Friedensbewegung seit den 1980er-Jahren Initiativen, die die (rechtliche und symbolische) Rehabilitierung der betroffenen ehemaligen Soldaten betrieben. Im sechsten Kapitel werden Gedenkorte für getötete Deserteure sowie die Tötungskommandos analysiert, die die Verfasser zu Recht als wichtige Aspekte der Erinnerungskultur bezeichnen und die flächendeckend verbreitet waren (S. 169-182). Im abschließenden siebten Teil geht es schließlich um die Frage, ob und wie künftig die widerständige Haltung von Soldaten gegenüber Unrechtsbefehlen gewürdigt werden kann (S. 183-202). Insgesamt ist es ein Verdienst der Studie, das komplexe Thema der erinnerungskulturellen Würdigung von Deserteuren in knapper, zugleich aber differenzierter und zugänglicher Weise behandelt zu haben. Die aufgezeigten Debatten um die Erinnerungszeichen belegen, wie aktuell das Thema weiterhin ist. Eine vertiefende Darlegung der Fallgeschichten, der Initiativen und Verhandlungen um die Denkmäler strebt der Band nicht an, und auch eine Debatte um angemessene Ausdrucksformen des Gedenkens ist hier nicht zu finden. Er bietet jedoch ein solides Fundament für weitere Einzelstudien zu Desertionen, die damit verbundenen Opfer und das Gedenken an jene Soldaten, die sich dem Unrecht entzogen haben.

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