Den thematischen Hintergrund dieses Buches bildet das aktuelle gesellschaftliche Phänomen der Zuwanderung von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion nach Israel und Deutschland. Der Arbeit, die auf dem Gebiet der kulturvergleichenden Psychologie verortet ist, liegen zwei zentrale Fragestellungen zugrunde: I. Was beeinflußt das Ausmaß wahrgenommener Wertekongruenz mit der Aufnahmekultur? und II. Was beeinflußt den Zusammenhang von Wertekongruenz und Wohlbefinden in Akkulturationssituationen? In einer quantitativen Untersuchung wurden 1072 Personen in fünf Stichproben befragt. Eines der wichtigsten, wenn auch nicht erwarteten Ergebnisse ist, daß sich nach Israel emigrierte russische Juden, die sich nicht mehr mit der ehemaligen Sowjetunion identifizieren, wohler fühlen, wenn sie Übereinstimmungen mit den Werthaltungen von Israelis erleben. Im Gegensatz dazu ist das Wohlbefinden dieser Gruppe russischer Juden, die nach Deutschland ausgewandert sind, beeinträchtigt, wenn sie Wertekongruenz zu Deutschen wahrnehmen. Die Ergebnisse werden vor dem Hintergrund der deutsch-jüdischen Geschichte diskutiert. Es wird die These aufgestellt, daß individuelles Erleben von Wertekongruenz und Wohlbefinden in Akkulturationssituationen von dem historischen Verhältnis zwischen der ethnischen Gruppe des sich akkulturierenden Individuums und der Aufnahmekultur beeinflußt wird.