"Ein Hinterfragen der Sinnhaftigkeit der chirurgischen Therapie führt häufig zu Meinungsverschiedenheiten zwischen Chirurgen und Intensivmedizinern. Während der Chirurg eine Maximaltherapie fordert, sieht der Intensivmediziner mitunter eine hoffnungslose Situation. Wie so oft liegt die Wahrheit in der Mitte. Von Intensivmedizinern wird oft nicht verstanden, was den Chirurgen motiviert; und es wird hinterfragt, ob dann so viele Operationen sein müssen. Auch wird die Prognose des Patienten mitunter kritisch hinterfragt. Vorwurfsvoll werden der Chirurgie häufig komplikative Verläufe angelastet," schreiben die Chirurgen.
"Auch wird die Notwendigkeit einer intensivstationären Überwachung eines Patienten von Chirurgen und Intensivmedizinern oft unterschiedlich beurteilt. Ein weiteres, besonders bedeutendes Problemfeld ist die Kommunikation während der Übergabe an verschiedenen Nahtstellen.
Eine gute Dokumentation oder Checklisten können oft bei der Kommunikation unterstützen; wichtig ist jedoch auch das persönliche Gespräch. Persönliche Übergaben erscheinen oft unstrukturiert. Als Lösungsansätze wären kleinere Teams und eine bessere Kommunikation zu nennen. Erforderlich ist eine Patientenzentrierung statt einer Organisationszentrierung. Eine Besprechung des weiteren Vorgehens vor und nach der Operation (Briefing und Debriefing im OP) kann das allgemeine Verständnis für den Ablauf verbessern. Zudem ist eine Professionalisierung des Übergabeprozesses zu fordern. Interprofessionelle und interdisziplinäre Visiten mit einer vorträglichn Bedarfsplanung können ein zusätzlicher Lösungsansatz sein."
Die Autoren konkretisieren ihre Empfehlungen weiter detailliert und kommen zu dem Schluss: "Das wichtigste ist ein ausreichendes Vertrauen zwischen den Berufsgruppen."
Böttiger, Bernd W.; Kuckelt, Werner (Hrsg.):
Jahrbuch Intensivmedizin 2020
Pabst, 2020, 352 Seiten, Hardcover